26 Dezember 2006

Pool ist Schnullikram...

...wenn man mal Snooker ausprobiert hat. Ich meine, jeder halbwegs Billard-interessierte Mensch hat sich das schon mal auf Eurosport oder DSF angeschaut, und dachte sich – abgesehen von gewissen Regelunklarheiten – "Wie schwer kann das schon sein?".
Die Antwort habe ich letztens erfahren. Schwer. Sauschwer. Ein normaler Pooltisch hat ja so um die zwei Meter länge, der Snookertisch fühlt sich viermal so lang und breit an, ist aber de facto "nur" knapp vier Meter lang und etwas unter zwei Metern breit. Wenn man vor so einem Ungetüm steht, kommt es einem trotzdem vor als müsste er eine eigene Postleitzahl haben, so gigantisch ist er. Man meint, durch die Erdkrümmung das lange Ende des Tisches nicht mehr erkennen zu können.
Dann kommt der Mitspieler mit den Kugeln. Und schon stellt sich der nächste Schock ein: Die Dinger sind klein, viel kleiner als normale Billardkugeln, und es sind viele. Irgendwann erholt man sich von dem Schrecken, baut auf (der freundliche Mann vom Billardsalon hilft gerne wenn man mit den vielen bunten Kugeln nicht mehr weiter weiß), nimmt sich einen Queue und setzt zum Break an... und starrt entgeistert auf die Queuespitze. Denn die ist von der Zuspitzung her einem Zahnstocher nicht unähnlich. Man kreidet also das winzige Ding und versucht einen Break, der natürlich gründlich in die Binsen geht und snookert erstmal ordentlich. Soll heißen: Man plaziert die weiße Kugel so der andere keine der Kugeln halbwegs ordentlich anspielen kann, die er anspielen müsste. Dumm nur dass der Gegenspieler es irgendwie hinkriegt, einen korrekten Stoß zu schaffen, und einen noch viel besser snookert. Und dann geht das Hauen und Stechen los. Wenn man es dann tatsächlich so weit bringt, dass man einen gezielten Stoß in Richtung einer Tasche abgeben kann, dann verzweifelt man an der Tatsache, dann die Ecken der Taschen komplett abgerundet sind, und in neun von zehn Fällen die Kugel einfach irgendwohin abprallt, nur nicht ins Loch.
Das ganze ist eine unglaubliche Materialschlacht. Kurze Queues, lange Queues (Inklusive eines drei-Meter-Monstrums für die ganz unmöglichen Stöße, mittig ans lange Ende des Tisches zum Beispiel. Es zittert und wackelt dermaßen dass man Angst hat, an der Kugel vorbeizuhauen, und man hat keinerlei Vorstellung, in welcher Entfernung zueinander sich Queuespitze und Ball befinden), Schaubaufsätze, Hilfsqueues (auch Oma, Krücke oder Sticky-Icky genannt), ein eineinhalb Tonnen schwerer Tisch, fast zwei Dutzend Kugeln, ein Vollzeit-Platzwart, Elektrowägelchen um zum nächsten Stoß zu gelangen, usw. usf.
Nach mehr als einer Stunde hatten wir es dann geschafft. Alle roten Kugeln vom Tisch getilgt, nur noch die Bunten übrig, die versenkt werden wollen. Der Punktestand recht ausgeglichen, beide Spieler, wenn nicht siegesgewiss, zumindest optimistisch. Und dann geht das Foulen los und füllt das Punktekonto des Gegenspielers derartig schnell wie es in der vorhergehenden Stunde nie der Fall war. Plötzlich ist das Spiel vorbei und man fragt sich ob das nun so toll war. Und ehrlich: Es ist großartig. Im Grunde ist das ganze Unternehmen komplett bescheuert, mit unnötig kompliziertem Regelwerk und völlig falsch dimensioniertem Werkzeug, aber es macht Spaß. Wirklich. Also ich hatte über eine Stunde komplett sinnfreie Freude, und ich bin mehr als bereit für ein Rematch.

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